Erstaunlich viel Power für den A1/B196
Katja hat den A1 Führerschein und darf damit auch die elektrische, gedrosselte Zero S fahren. Ein überraschendes Erlebnis, das auch B196er teilen dürfen. Entspannt einen LKW auf der Landstraße überholen – der Traum eines jeden A1 Fahrers. Für mich war dies für kurze Zeit nicht nur ein Traum, sondern Realität: Mit der Zero S – in der leistungsreduzierten 11 kW Version für A1/B196 Führerscheinbesitzer – überholt man andere Fahrzeuge mit spielerischer Leichtigkeit. Im Sportmodus reicht bereits ein kleiner Dreh am Griff und die Zero macht einen gewaltigen Satz nach vorne. Im Vergleich zu meiner „Kati“ (KTM 125 Duke) ein riesiger, ja sogar gewaltiger Unterschied. Aber wie ist das möglich? Der Trick liegt in der so genannten „Dauerleistung“ versteckt, die bei der Zero S für den A1 Führerschein die geforderten 11 kW hat. Trotzdem kann für einen begrenzten Zeitraum das volle Potenzial des E-Antriebsstrangs von 44 kW der Zero S entfesselt werden – eine Leistungsspritze, mit der sich die Zero in jedem Geschwindigkeitsbereich weit von allen 125ern auf dem Markt absetzen kann. In Schräglage legt sie sich allerdings etwas schwerfälliger als meine Duke, was am höheren Gewicht des großen Akkus liegt, doch auch das Fahrwerk scheint weniger handlich als das der KTM ausgelegt zu sein. Irritierend ist vor allem am Anfang das Fehlen der Kupplung. Reflexartig greift die linke Hand ins Leere, wenn der Vordermann mal wieder scharf bremst – sicher Gewöhnungssache. Ganz ohne Kuppeln und Schalten und irgendwelches Geruckel beschleunigt die Zero wie vom Katapult abgeschossen. Die Zero S bietet auch in der 11 kW Version einen 14,4 kWh großen Akku, der eine Reichweite von realistischen 140–180 km hat – je nachdem, wie oft man die Beschleunigung auskostet. Nach knapp 80 Kilometern Probefahrt, die ich mit 98 % gestartet hatte, waren noch etwa 42 % übrig. Auf dem letzten Stück Autobahn, wo ich kurz die maximale Geschwindigkeit erreichte, schmolz der Akku nur so dahin und die Restreichweite sank zusehends. Da ist die Akkukapazität auf einer schwungvollen Landstraße allemal besser investiert. Die Frage nach der Höchstgeschwindigkeit war mir ein besonderes Anliegen. Für mich sind 140 km/h noch etwas Besonderes, denn so schnell fährt keine andere (legale) 125er. Eine offene Zero S würde noch schneller fahren, doch scheinbar ist hier die Grenze gezogen worden. Bei Tacho 140 beschleunigt die gedrosselte S einfach nicht weiter, obwohl sie es sicher könnte. Abriegelung heißt der technische Begriff dafür. Die Zero S hat mir Martin Kipfmüller vom Autohaus Richter & Zech in 90530 Wendelstein zur Verfügung gestellt. bmm-Leser finden aber auch im Verbreitungsgebiet des bmm Zero-Vertragshändler. Fazit: Nicht umsonst ist der Versicherungsschutz für junge Fahrer teurer. Ich weiß nicht, ob alle Fahranfänger schon mit so viel Power umgehen können, die Zero S fühlt sich in der 11 kW Ausführung jedenfalls eher wie ein Motorrad als eine gemütliche 125er an. Mich freut es natürlich, dass ich Motorräder wie dieses fahren dürfte. Dennoch ist meine Meinung, dass der A1 nicht umsonst beschränkt ist und die geltenden Limits der aktuellen A1- Fahrzeuge absolut in Ordnung sind. Im Alltag komme ich mit meiner KTM gut zurecht und vermisse nichts. Klar würde eine Zero S mehr Spaß machen, hier ist mir die Sicherheit der Fahrer in meinem Alter allerdings ein größeres Anliegen. Außerdem wird es wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Gesetzgeber dieses „Schlupfloch“ bemerkt und es weitere Vorgaben zur Leistungsbeschränkung auch für 11 kW E-Fahrzeuge gibt. Mir hat das Fahren jedenfalls großen Spaß gemacht. Ich habe Martin auch meine Kati zum Tausch für die Zero S angeboten – leider hat er abgelehnt.
Text: Katja Schinner; Fotos: Gregor Schinner