Unkomplizierter Fahrspaß

Nach vier Jahren Fahrspaß auf einer Honda NC750S mit DCT kam mir die Neuvorstellung der 2021er Honda NC750X wie gerufen. Während die S-Variante keinen direkten Nachfolger erhielt, wurde die NC750X überarbeitet und auf die Sitzhöhe der S abgesenkt. Aus zwei Motorrädern wurde praktisch eines, das die positiven Eigenschaften beider Bikes vereint und dazu noch eine Menge Feinschliff erhielt. Genau darauf hatte ich gewartet und die Maschine blind bestellt, noch bevor sie bei unserem Händler in den Verkaufsräumen ausgestellt wurde. Kein Fehler, wie sich herausstellte. Schon bei den Vorgängermodellen scheiterten meine Wünsche an meinen Körpermaßen. Die alte X war mir einfach zu hoch, obwohl ich gerne eine Verkleidung gehabt hätte, weshalb ich mich damals für das niedrigere S-Modell entschied und versuchte, den fehlenden Wetterschutz mit einer höheren Scheibe zu kompensieren. Die neue NC750X wurde gegenüber der älteren um 30 mm auf 800 mm Sitzhöhe herabgesetzt. Das passt jetzt, ebenso wie der nun vorhandene Windschutz, der mir bei meiner Schwester S vorher so gefehlt hatte. Bereits das Vorgängermodell war nicht wirklich für Offroad-Einsätze konstruiert worden, auch wenn die Optik der Maschine dieses manchem vorgaukelte. Praktisch leidet die Nachfolgerin deshalb nicht unter den auf 120 mm verkürzten Federwegen, sondern liegt bereits in der Voreinstellung des hinteren Zentralfederbeins satt auf der Straße und ist trotzdem recht komfortabel. Die 41er Showa Gabelrohre sind nicht einstellbar, glänzen jedoch durch ihr Dual Bending System. Die Ventiltechnik ähnelt im Ansprechverhalten dem einer Kartuschen-Gabel.

Honda NC750X DCT

Ausreichend Infos im LCD-Cockpit.

Honda NC750X DCT

Geräumiges Staufach für den Helm oder für Notration & Co.

Die spärlichen Extrarillen der Dunlop Trialmax Reifen und die Bodenfreiheit von nur noch 145 mm machen deutlich, wo das bevorzugte Revier der neuen NC750X liegt, nämlich auf der Landstraße. Ein Kurventraining auf dem Heidbergring meisterte die Honda mit Bravour, die moderaten Reifengrößen von 160/17 hinten und 120/17 vorne unterstützen das gute Handling. Der Motor wurde ebenfalls überarbeitet und leistet nun 58,6 PS bei 6.750 U/min. Der Drosselklappendurchmesser wurde um 2 mm vergrößert und auch der Durchlass des Ansaugkanales der neuen Airbox ist gewachsen. Das maximale Drehmoment von 69 Nm ist bereits bei 4.750 U/min erreicht. Die besten Qualitäten des Motors liegen nach wie vor im unteren 2/3 seines Drehzahlbandes, das nun 600 U/min mehr zulässt, bevor der Begrenzer einsetzt bzw. das DCT automatisch schaltet. Der Spritkonsum blieb trotz des Leistungszuwachses mit rund 3,5 l/100 km unverändert niedrig. Zusätzlich hat die NC750X um 6 kg auf fahrbereite 224 kg abgespeckt. Das alles zusammen bewirkt schon ein deutlich spürbares Plus an Agilität. Auch wurde das Getriebe überarbeitet und dessen untere drei Gänge kürzer übersetzt. Das verbessert den Anzug auf den ersten Metern, erfordert dafür aber auch etwas zügigere Schaltarbeit. Mit dem bewährten 6-Gang-DCT juckt mich das aber überhaupt nicht. Laut unseres Händlers entscheidet sich die Mehrzahl der Kunden inzwischen für das automatisch schaltende Getriebe, auch wenn es 10 kg schwerer ist und 1.000 € Aufpreis gegenüber dem herkömmlichen Schaltgetriebe kostet. Die Schaltvariante ist nun mit einer Anti-Hopping-Kupplung ausgestattet. Das Doppelkupplungsgetriebe werkelt wie gewohnt unauffällig, auch wenn es nicht mehr ganz so sanft wie bei der Vorgängerin schaltet.

Fallert Achern Team

Eine Scheibe reicht im Alltag allemal.

Honda NC750X DCT

Der Sound? Absolut Österreich-tauglich.

Honda NC750X DCT

Feststellbremse links am Lenker.

Honda NC750X DCT

DCT-Wahlschalter rechts.

Mit 4 Fahrmodi (Regen, Standard, Sport und Manuell) lässt sich für jeden Fahrstil die richtige Einstellung finden, ohne dass es unnötig oft zu unschönen Schaltvorgängen in Kurven kommt. Mit den Knöpfen am Lenker ist alles schnell eingestellt. Danach funktioniert es fast wie beim Rollerfahren, einfach nur Gas und Bremse. Im manuellen Modus schaltet man das Getriebe über Plus- und Minustasten per Daumen bzw. Zeigefinger. Trotzdem wirken alle Abläufe insgesamt eckiger, was vermutlich aber auch mit an der Umstellung auf „Ride by Wire“ liegen mag. Meinem Wunsch nach einem zusätzlichen Handhebel auf der linken Seite für die hintere Bremse ist Honda leider nicht nachgekommen. Da das DCT den Zustand einer schleifenden Kupplung nicht kennt, muss beim Rangieren oder langsamen Wenden das Hinterrad eingebremst werden. Dabei hat man tempoabhängig gerne beide Füße am Boden, was natürlich nicht geht, wenn man einen Fuß am Bremshebel haben muss. Da wäre also noch etwas Luft nach oben – aber das ist jammern auf hohem Niveau. Bei ausgeschaltetem Motor verbleibt das DCT Getriebe in der Neutralstellung. Die Feststellbremse am Lenker verhindert ein Davonrollen und wirkt per Bowdenzug und separatem Bremssattel auf die hintere Bremsscheibe. An der Bremsanlage aus dem Hause Nissin wurde nichts geändert. Vorne wird mit zwei Kolben in eine einzelne 320 mm Scheibe im Wave-Design gebissen, hinten mit einem Kolben in eine 240 mm Scheibe. Die Wirkung ist unspektakulär und klassentypisch ohne böse Überraschungen. Obwohl vorne lediglich eine Bremsscheibe verbaut wurde, mangelt es nicht an Bremskraft und Feingefühl. Als kleines, nützliches Plus hat Honda der neuen NC750X eine Traktionskontrolle spendiert, die bei Bedarf die Motorleistung herunterregelt. Da der Antritt des drehmomentstarken Motors in Kombination mit dem DCT beim Anfahren recht kräftig ist, erweist sich diese Hilfe auf losem Untergrund oder regennassem, glatten Asphalt als durchaus nützlich.

Die Auspuffanlage sieht aus, als wäre sie von der Vorgängerin übernommen worden. Zumindest der Endtopf ist der gleiche geblieben. Der Twin, der mit seiner um 270 Grad versetzten Kurbelwelle einen V2 imitiert, pöttert bassig und voluminös aus dem Endrohr. In Fahrt sind lediglich 72 dB zu verzeichnen, während es im Stand 89 dB sind, wenn man den Motor mit höchst unwahrscheinlichen 3.375 U/min kurbeln lässt. Bereits bei 3.000 U/min sind es nur noch 86 dB. Ich kann nur spekulieren, was bei einer normalen Leerlaufdrehzahl von 600–900 U/min, je nach Arbeitstemperatur, gemessen würde. Höchstwahrscheinlich wäre die Honda praktisch sehr dicht an den von einigen Umweltaktivisten geforderten 80 dB (insgesamt) dran. Niemand, außer dem TÜV-Prüfer bei der ASU, würde im Stand 3.375 U/min abrufen. Vielleicht sollte man die Messzustände zur Ermittlung der Umweltverträglichkeit noch einmal überdenken und beim Messen des Standgeräusches die normale Leerlaufdrehzahl heranziehen. Das wäre zumindest näher an der Realität und für die Hersteller technisch problemlos umsetzbar. Ich möchte jedoch nicht weiter abdriften … Positiv fällt die Überarbeitung der Beleuchtung auf. Endlich wurde alles konsequent auf LED umgestellt und auch die vorher leicht klobig wirkenden Blinker sind eleganteren gewichen, die vorne permanent als Positionsleuchten glimmen. Das sorgt für mehr Beachtung. Wir kennen die Form dieser Baukasten-Blinker schon von einigen anderen Honda Modellen. Bei einer Notbremsung schaltet sich automatisch der Warnblinker ein. Die frischen Tachoinstrumente lassen keine Wünsche offen. Es lässt sich alles übersichtlich ablesen und es wurde auch nichts vergessen, jedoch muss zwischen einigen Anzeigefunktionen per Knopfdruck umgeschaltet werden. Als besonders praktisch hat sich das Staufach in der Tankattrappe erwiesen. Jetzt mit deutlich mehr Volumen, könnte man darin auch einen großen XXL-Helm erschwinden lassen, wenn es nicht schon mit Geldbörse, Handy, Sonnenbrille, Gummibärchen, Verbandszeug, Wasserflaschen, Kettenspray und anderem Kleinkram gefüllt wäre. Der eigentliche Tank befindet sich unter der Sitzbank und fasst 14,1 Liter Benzin, was rechnerisch und praktisch für 350 km plus 50 km Reserve ausreicht. Honda bietet als Zubehör eine Gepäckbrücke an, an der Seitenkoffer und ein Topcase befestigt werden können.

Honda NC750X DCT

Die reduzierte Sitzhöhe ist klasse.

Honda NC750X DCT

DCT hat sonst keiner im Angebot.

Honda NC750X DCT

Viel Spaß machte die NC auch auf dem Heidbergring.

Da passen noch mehr Gummibärchen hinein😄. Damit wäre auch den Reisewütigen Genüge getan. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von angegebenen 173 km/h und auf dem Tacho angezeigten 185 km/h, sind auch flottere Autobahnabschnitte ohne Stress gut zu absolvieren. Außerdem gibt es im Original-Zubehör noch Sturzbügel, Zusatzbeleuchtung und eine unauffällige Griffheizung für Ganzjahresfahrer. Gegen Langfinger ist die NC750X mit der Honda-eigenen Wegfahrsperre gesichert und für Inhaber des A2 Führerscheines lässt sich die Maschine natürlich drosseln. Der NC-Spaß beginnt mit 8.320 € Listenpreis für die Schaltversion oder 9.320 € für die Variante mit DCT. An Nebenkosten fallen zusätzliche 345 € an. Dafür bekommt man ein technisch ausgereiftes Mittelklasse-Motorrad in sprichwörtlicher Honda-Qualität. 4 Farben gibt’s zur Auswahl: weiß, rot, schwarz und blau. Das NC im Namen steht übrigens für „New Concept“ und auch wenn das Konzept inzwischen nicht mehr so neu ist, gefällt es mir ausgezeichnet. 

Honda NC750X DCT

Keine schnöden Farbbezeichnungen wie rot, blau, schwarz oder weiß: die NC750X gibt’s in Grand Prix Red, Glint Wave Blue Metallic, Matt Ballistic Black Metallic und Pearl Glare White.

Mehr Infos und Probefahrten gibt es bei Deinem Honda Vertragshändler.

penta-media.de; Text: Tine, Fotos: Jogi