Einmal Touring mit allem!

Mittelklasse-Reiseenduros à la BMW 850 GS, Suzuki V-Strom 800 DE und Co. liegen voll im Trend. Dabei bietet die Mittelklasse, verglichen mit der Oberklasse, diverse Vorteile, die potenzielle Kunden zu schätzen wissen und nur ganz wenige Nachteile. Spiegelt man diese Erkenntnis auf unser Testobjekt, die CFMOTO 800 MT Touring, wird die Luft in Sachen Ausstattung für die Oberklasse gerade noch einmal ein ganzes Stück dünner. Die Touring überzeugt serienmäßig ab Werk damit und lockt obendrein mit einem günstigen Preis. 

Fallert Achern Team

Alukoffer gibt’s aktuell als Aktion inklusive.

Fallert Achern Team
Ran ans Objekt

„Eigentlich“ ist bekanntermaßen ein sehr einschränkendes Wort, denn „eigentlich“ wollte ich keine SUV-ähnlichen Motorräder mehr testen. Der Grund dafür ist simpel: Ich mag es überhaupt nicht, wenn meine Füße keinen festen Bodenkontakt haben und ich, um das Motorrad zu schieben, meine Arme über Schulterhöhe bewegen muss, weil der Lenker so hoch ist. Punkt eins klappt auf 825 mm Sitzhöhe mit der CFMOTO 800 MT Touring gerade noch, Punkt zwei lassen wir mal außen vor und genießen ganz einfach den Anblick des Motorrades in der Morgensonne. Der CFMOTO-Händler lächelt, als er mir von der 800 MT erzählt, und ja, er macht mich definitiv neugierig auf die Mittelklasse-Enduro. Zumal die einschlägigen Eckdaten nach einer gehörigen Portion Spaß klingen.Das Herzstück der Maschine, der Motor, kommt seit 2020 aus derselben Produktionslinie wie diverse Motoren von KTM, nämlich aus dem chinesischen Hangzhou, 200 Kilometer südlich von Shanghai. Der Motor mit 799 ccm Hubraum leistet satte 91 PS (67 kW) bei 9.250 Umdrehungen und hat ein maximales Drehmoment von 75 Nm bei 8.000 Umdrehungen. Der Reihen-Zweizylinder imitiert dank Hubzapfen- und Zündungsversatz einen V2. Was der Motor wirklich liebt, ist GAS. Ein gewisses KTM-Phänomen, das schon der 790er Duke-Motor hatte und welches ich ehrlich gesagt ein wenig schade finde, denn der MT würde eine entspanntere Motorkonfiguration einfach viel besser stehen. Grundsätzlich liebt sie alles, was über 3.500 Umdrehungen hinausgeht, verbunden mit einem fleißigen Schaltfuß des Fahrers, der sie bei Laune hält. In diesen Drehzahlregionen funktioniert der serienmäßige und zugleich bidirektional (also rauf und runter) arbeitende Schaltassistent tadellos, was das flotte Vorankommen ohne kuppeln zu müssen, vereinfacht. Die Abgase entweichen dabei auf der rechten Seite durch die aus Edelstahl gefertigte Abgasanlage und erzählen mit noch „tiroltauglichen“ 93 dB(A) im Stand und 77 dB(A) im Fahrbetrieb fröhlich und hörbar von der Drehzahllaune des Motors.
Lange Autobahnetappen stecken die 800 MT und ihr Fahrer, dank des straffen und zugleich bequem gepolsterten Sitzes, locker weg. Sollte es einmal zu kalt werden, kann der Fahrer die serienmäßige Sitzheizung über das Cockpit aktivieren, um den Allerwertesten unterwegs warm zu halten. Ebenfalls serienmäßig gibt es eine Griffheizung und neben dem von mir bevorzugten Sportmodus einen etwas weniger aggressiven Regenmodus. Doch die Sonne scheint und wie wir ja schon erfahren haben mag die 800MT „GAS“ – also Regenmodus wieder auf aus.

Fallert Achern Team

Der Windschild ist höhenverstellbar.

Fallert Achern Team

Ausgeklügelte Ergonomie am Tank sorgt für sicheren Knieschluss.

Ausstattung

Doch lasst uns noch einmal auf die Ausstattungsmerkmale der Maschine schauen. Verstellbare Handhebel gehören ebenso dazu wie Stahlflexleitungen, Griffschalen, Alu-Motorschutz, Sturzbügel, ein stufenlos verstellbarer Windschild, Handy-Connectivity mit Navigation, mit samtigem Stoff ausgekleidete Alu-Seitenkoffer und Topcase (die gibt es aktuell inklusive, solange der Vorrat reicht. Preisvorteil rund 1.280 €!), manuell einstellbare KYB-Federelemente, Reifendruckkontrolle, Kurven-ABS, Hauptständer und natürlich die volle Kanne LED-Beleuchtung inklusive Zusatzscheinwerfer. Wem das noch nicht genug ist, der bekommt in der Explore genannten Variante auch noch ein Toter-Winkel-Warnsystem mit Abstandsradar am Heck, welches den Spurwechsel sicherer machen soll, ein 8 Zoll Touchscreen-TFT mit T-Box-Connectivity und Apple-CarPlay, anstatt dem in den schwächer ausgestatteten Sport- und Touring-Varianten verbauten 7 Zoll TFT-Display, sowie eine Traktionskontrolle plus zwei weitere Fahrmodi, All-Terrain und Off-Road genannt. Da können eigentlich kaum noch Wünsche offen sein. Unterschiede in den drei 800 MT Modellvarianten finden sich außerdem in den Felgen (Guss/Speiche) und der Bereifung (Maxxis/Michelin). Die Sport genannte Variante kostet 9.990 €, 11.990 € die Touring und das Top-Modell Explore gibt‘s für 12.290 €. 475 € fallen für Nebenkosten und Überführung an. Ein paar weitere Extras sowie Bekleidung offeriert zudem der CFMOTO-Prospekt.

Fallert Achern Team

Rundum modernste LED-Technik.

Fallert Achern Team
Fallert Achern Team

Zusatzscheinwerfer sind Serie.

Fallert Achern Team

Abnehmbare Rastengummis und ein verstellbarer Schalthebel sind top.

On the Road

Go with the Flow, ist ein wichtiger Aspekt nicht nur im Stadtverkehr und lustigerweise gleichzeitig der Slogan von CFMOTO. Daneben ist bei so einem SUV-Motorrad die Mobilität und Beweglichkeit auf der Landstraße extrem wichtig, denn die ist eine der Haupteinsatzgebiete, auf denen wir uns nun einmal bewegen. Ich habe die Maschine mit Koffern (leer  und beladen) sowie ohne gefahren und konnte dabei keinen großen Unterschied in der Agilität feststellen. Das 19-Zoll-Vorderrad und die serienmäßig schmalen Reifen (110/150, bei der S und der Touring von Maxxis) in Verbindung mit dem breiten Lenker machen die 800 MT einfach superhandlich. Vorausgesetzt natürlich, man hat immer genügend Zug auf der Kette (über 3.500 Umdrehungen) und ist im richtigen Gang unterwegs. Dabei ist es definitiv von Vorteil, wie ich erneut feststellen konnte, wenn man bei Probefahrten in heimischen Gefilden unterwegs sein kann. Man kennt die Strecken und Kurven und kann so an der einen oder anderen Ecke besser Vergleiche zu anderen Maschinen ziehen. Aus diesem Grund kann ich hier deutlich schreiben, dass sich die CFMOTO 800 MT in der Tat nicht zu verstecken braucht und auch mit stärkeren Maschinen im flinken Kurvengeläuf spielend mithalten kann.

Fallert Achern Team

Gut ablesbares Display: 7’’ bei der Touring und Sport, 8 ’’ mit Touchfunktion bei der Explore.

Fallert Achern Team

CFMOTO springt eindrücklich mit auf den Mittelklasse-Reiseenduro-Zug auf.

Bedienung und Armaturen

Der breite Lenker kommt dem Fahrer in allen Belangen sehr entgegen. Bei meiner Körpergröße von 172 cm ist er geradezu ideal. Neu für mich ist der Tempomat, der eine Höchstgeschwindigkeit von max. 130 km/h zulässt. Darüber hinaus ist das Beschleunigen bis zum Erreichen der Endgeschwindigkeit (bei mir waren es mit Koffern gut 185 km/h) reine Handarbeit. Während der Fahrt lassen sich die Armaturen intuitiv bedienen und man spürt sauber die Druckpunkte der Knöpfe und Schalter, auch mit dicken Handschuhen. Etwas gewöhnungsbedürftig ist allerdings die Menüführung. Sowohl die Fahrmodi als auch die Griff- und Sitzheizung müssen über die Schaltereinheit am linken Lenkerende und dem Display im Untermenü aktiviert werden. Für die Funktionen gibt es leider keine Einzelschalter und manchmal vertippt man sich einfach auf den beiden Schaltwippen. Ich denke, wer die Maschine kauft und längere Zeit damit fährt, gewöhnt sich daran. Bei meiner fünftägigen Testfahrt musste der Kopf allerdings ab und zu arbeiten und der Blick wanderte kurzzeitig von der Straße auf das TFT-Display, was nicht ganz so verkehrssicher war. Insgesamt gesehen tut das dem Fahrspaß aber keinen Abbruch.

Verbrauch

Je nach Fahrweise kann man zwischen 330 und 350 Kilometer am Stück zurücklegen. Bei einem mit 19 Litern Benzin vollgefüllten Tank entspricht das einem Verbrauch von 5 bis 5,5 Litern auf 100 Kilometern und liegt damit in der Klassenrange.

Fazit

Im Zusammenhang mit der CFMOTO 800 MT näher auf die Herkunft aus China einzugehen, erscheint mir völlig nebensächlich. Warum auch, KTM ist mit 49 % an der Firma beteiligt und alle Serien-Twins aus Mattighofen laufen vom gleichen Band. Außerdem wird nach letzten Informationen zukünftig wohl noch mehr oranges Material der Hubraumklasse 790 bis 900 ccm aus China kommen. Die Pierer Mobility, Konzernmutter von KTM, baut 2024 lt. APA (Austria Presse Agentur) in Mattighofen 300 Stellen ab. Finanzvorstand Viktor Sigl: „Am Ende des Tages ist es der Kunde, der entscheidet. Er erwartet einen passenden Preis.“ Ich bekomme also mit der CFMOTO 800 MT eine gut gemachte Mittelklasse-Reiseenduro mit erheblichem Spaßpotential, die nicht an jeder Ecke steht. Ihr Einsatzgebiet reicht von der kleinen Feierabend­runde auf der Hausstrecke bis hin zur großen Tour und bei Bedarf geht’s auch ins Gelände. Was die Ausstattung angeht, und daran besteht kein Zweifel, kann sich der Rest der Mitbewerber angesichts des Preis-Leistungs-Verhältnisses ohnehin warm anziehen. Was ich mir persönlich wünschen würde, wäre ein dem Fahrzeug/Einsatzgebiet (Reisen…) angepasster Motorlauf mit mehr Antritt unter 4.000 Umdrehungen, eine etwas einfachere Menüführung und ein etwas besser verarbeitetes TFT-Display. In der Testmaschine war das 7 Zoll TFT funktional einwandfrei, an den Außenrändern aber schlecht verklebt – wohl ein Fall für die Garantie, spätestens dann, wenn Feuchtigkeit eindringt. Das 8 Zoll große Display der Explore macht hier einen besseren Eindruck und eventuell passt der Hersteller ja auch die beiden anderen Modelle zukünftig noch daran an.
Wer sich für die Mittelklasse im Reiseenduro-Segment interessiert, kommt an einer Probefahrt mit der CFMOTO 800 MT kaum vorbei.

Text: Torsten Thimm • Fotos: Hersteller

Über den AUTOR

TORSTEN THIMM

Freier Mitarbeiter.
Betreibt einen Motorrad-Blog, in dem er von ihm getestete Motorräder, Zubehör und Bekleidung vorstellt.

Mailkontakt  |  facebook  |   instagram  |  Web