An vielen Schrauben gedreht
Sie ist die Mutter aller MTs. Mit ihr trat Yamaha 2013 eine Welle los, die sich mittlerweile von 125 Kubik bis zur Ein-Liter-Maschine erstreckt. 2024 ist nun Zeit für die vierte Auflage der MT-09, von der im Schnitt europaweit pro Jahr gut 10.000 Stück verkauft werden. Gleich vorweg: Zwar wurde noch ein wenig innermotorisch gefeilt, aber nach dem Update vor drei Jahren bleibt es bei ausreichenden 119 PS Leistung und ordentlichen 93 Newtonmetern Drehmoment. Aber an fast allen anderen Stellschrauben hat Yamaha – teils kräftig – gedreht und der MT-09 auch noch einige technische Zusatzfunktionen spendiert.
Der CP3 genannte Dreizylinder war bekanntermaßen von Anbeginn ein gelungener Wurf. Seine Qualitäten können sich durch die zahlreichen Änderungen am Rest der MT-09 nun noch besser entfalten. Da ist zunächst einmal die Ergonomie. Die Fahrerfußrasten wandern drei Zentimeter weiter nach hinten und ein kleines Stück weiter nach oben. Die Handgriffe liegen gleich dreieinhalb Zentimeter tiefer und der Lenker rückt ebenfalls ein kleines Stück weiter Richtung Heck. Dazu kommt ein drei Zentimeter flacherer und sechs Zentimeter breiterer Tank mit nachgeschärften Knietaschen (und unverändert 14 Litern Volumen). Es geht also wieder klarer
Richtung Vorderrad nach der eher etwas komfortorientierteren Vorgängergeneration. Das heißt nicht, dass es hier spitz zur Sache geht. Die Sitzposition ist nach wie vor relativ entspannt. Die einteilige Sitzbank ist verschwunden, um dem Fahrer ein eigenes Polster zu gönnen, das zwar etwas schmaler geworden ist, aber dafür auch ein wenig länger. So kann der Körper bei Bedarf ein bisschen nach vorne oder hinten rutschen. Auch wenn alles wieder ein wenig sportlicher orientiert ist, hat Yamaha den Komfort im Blick behalten. Die Gasannahme wurde sanfter abgestimmt, um vor allem das Fahrgefühl bei niedrigen Geschwindigkeiten zu verbessern. Positiver Nebeneffekt: Der einst von vielen fast schon als zu giftig empfundene Sport-Modus empfiehlt sich nun viel häufiger als optimale Wahl. Apropos Wahl: Neben Rain und Street gibt es nun auch zwei individuell konfigurierbare Custom-Einstellungen. Gemanagt werden die Modi über das neue und größere konnektivitätsfähige 5-Zoll-TFT-Display mit vier wählbaren Grafiken.
Aggressives Styling gepaart mit minimalistischem Bodywork, eine engagiertere Sitzposition bringen die MT-09 visuell auf die nächste Stufe.
Die farbigen Felgen in Cyan oder Blau sind unter anderem ein klares Erkennungsmerkmal bei den Hypernaked-Bikes von Yamaha. Die Hinterradfederung ist einstellbar, ebenso die 41 mm Telegabel.
Die MT-09 hat spezielle Lufteinlasskanäle, die im Zusammenspiel mit einem Gitter auf dem Tank für ein akustisches, emotionales Fahrerlebnis sorgen.
Neue intuitive Schalter sorgen für ein Plus an Sicherheit. Beispiel Blinker: Durch leichtes Antippen des Blinkerschalters, z. B. beim Spurwechsel, leuchtet der Blinker drei Mal kurz auf …
… längeres Drücken sorgt für kontinuierliches Blinken. Der Blinker schaltet sich nach 15 Sekunden bzw. 150 Metern automatisch aus.
Der Fahrer kann sein Smartphone während der Fahrt über die kostenlose MyRide App mit dem Motorrad verbinden. Neben der Anzeige von Anrufen und Nachrichten auf dem TFT-Display besteht die Möglichkeit, über ein Bluetooth-Headset Anrufe entgegenzunehmen und Musik zu hören. Zudem kann man über das Smartphone das kostenlose Garmin StreetCross-Navigationssystem nutzen, das dann auf dem 5 Zoll-TFT angezeigt wird. Fahrer können das Display noch weiter personalisieren, indem sie über die MyRide App mit der Datentransferfunktion Bilder von ihrem Smartphone senden. Externe Geräte können über die neue USB-Typ-C-Buchse unter dem Sitz mit Strom versorgt werden.
Die Bedienung erfolgt über einen ebenfalls neuen Fünf-Wege-Joystick mit separatem Homebutton und ist schnell verinnerlicht. Gleich darunter liegt der neue Blinkerschalter, bei dem die linke Seite flach und die rechte Seite sich dem Daumen entgegenwölbt. Zudem gibt es die aus dem Auto bekannte Komfortblinkfunktion sowie eine automatische Blinkerabschaltung, die allerdings gerne nicht ganz so lange auf sich warten lassen könnte. Oft juckt es den Daumen schon, wenn die Technik noch gar nicht so weit ist. Ein Tempomat ist jetzt ebenfalls serienmäßig an Bord. Das vergrößerte Sichtfeld der Rückspiegel ist ein weiterer angenehmer Nebeneffekt der umfangreichen Modellpflege, die die MT-09 übrigens nur 300 Euro teurer macht. Gänzlich neu ist die Frontmaske. Abblend- und Fernlicht sind in zwei horizontal ausgerichteten Zwillingsprojektionslampen beheimatet, die schmalen seitliche Positionslampen drücken die Front optisch nach unten. Der Anblick darf sich auch weiterhin im Marvel- oder DC-Universum zuhause fühlen. Weitere Veränderungen sind unter anderem ein etwas geringerer Nachlaufwinkel, stärkere Motorhalterungen für mehr Stabilität, die höhere Federrate an der Gabel und der neue Bremszylinder. Die Zangen packen nicht bissig zu, wie man es vielleicht bei einem Motorrad dieser Kategorie erwarten könnte, sondern ausgesprochen sanft, aber ebenso verlässlich. Der hintere Stopper gefällt dabei durch sein frühes Ansprechverhalten, die kleine Fahrkorrekturen zum Kinderspiel macht. Dazu gesellt sich ein neuer Back Slip Regulator, der das Drehmoment etwas bändigt, falls das Hinterrad bei übermäßiger Motorbremse zu blockierten droht.
Der bewährte, flüssigkeitsgekühlte CP3-Motor hat 890 Kubik und bietet hohen Drehmoment schon im unteren Drehzahlbereich.
Das komplett neue Gesicht der MT-09 gefällt. LED-Scheinwerfer der neuesten Generation sind natürlich auch an Bord.
Der 5’’ TFT-Farbdisplay hat vier Bildschirmlayouts. Das Smartphone lässt sich über die MyRide-App verbinden. Bei der Navigation setzt Yamaha auf Garmin (StreetCross App).
Die Sitzposition ist gegenüber dem Vorgängermodell aktiver. Die Fußrasten sind auf die eigenen Bedürfnisse einstellbar
Alle Maßnahmen machen aus einem guten Motorrad ein besseres. Die MT-09 hat spürbar an Präzision gewonnen und vermittelt auf Anhieb ein absolut sicheres Gefühl. Alle Maßnahmen fügen sich zu einer Gesamtkomposition zusammen, die auf Anhieb passt. Man fühlt sich sofort vertraut mit der Maschine und vor allem sicher. Dazu tragen auch die neuen Bridgestone Battlax Hypersport S23 bei, auf die Yamaha umgestiegen ist und die vor allem bei Nässe mehr leisten. Der Triple setzt nach wie vor seine Duftmarke. Die Yamaha fährt sich viel munterer als die 119 PS vermuten lassen. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man der MT-09 gut und gerne 20, 30 PS mehr unterstellen. Der Motor läuft bereits knapp unter 2.000 Umdrehungen in der Minute ruckfrei und wirkt oberhalb von 6.000 Touren beinahe schon entfesselt – ohne den Fahrer zu überfordern, der nie den Eindruck hat, die Kontrolle zu verlieren. Gleichwohl bleibt die MT-09 ein Motorrad, das fahraktiv bewegt werden will. Sie sperrt sich nirgends, will aber dennoch bewusst geführt werden. Den Umgang erleichtert nun auch ein Quickshifter, der bereits ab 15 km/h genutzt werden kann und die Quadratur des Kreises beherrscht: Auch beim Gaswegnehmen hoch- und beim Beschleunigen runterschalten kann. Letzteres ist in höheren Drehzahlregionen allerdings etwas mit Vorsicht zu genießen, wenn es keinen allzu großen Ruck geben soll.
Auch in Sachen Sound hat sich Yamaha etwas einfallen lassen. Der Dreizylinder ist für die Umwelt akustisch sozialverträglich unterwegs, am mitteltönigen Brüllen darf sich der Fahrer dennoch erfreuen. Die Ingenieure haben über der von drei auf zwei Einlässe umgestellten Airbox zwei Akustikgitter im Tankcover platziert. Sie geben das Ansauggeräusch des Motors explizit an den Fahrer, und nur an ihn, weiter. Es ist die Summe der Eigenschaften und die Summe, die der Handel aufruft, mit der Yamaha ein Paket geschnürt hat, das in dieser Form und Preisklasse wohl konkurrenzlos dasteht. (cen)
Text: Jens Riedel; Fotos: Arnau Puig
Fahrzeugschein Yamaha MT-09:
Motor: Dreizylinder-Reihenmotor, flüssigkeitsgekühlt
Getriebe: 6-Gang-Getriebe
Hubraum: 890 ccm
Leistung: 119 PS bei 10.000 U/min.
Drehmoment: 93 Nm bei 7.000 U/min.
Endantrieb: Kette
Radstand: 1.430 mm
Bremse vorne: 2 x Ø 298 mm, Brembo
Bremse hinten: 1 x Ø 245 mm
Reifen: 120/70-17 vorne; 180/55-17 hinten
Gewicht: 193 kg, vollgetankt
Tankinhalt: 14 Liter
Sitzhöhe: 825 mm
Standgeräusch: 97 dB
Verbrauch: 5 Liter auf 100 km
CO2-Emission: 116 g/km
Preis: 11.990 € inkl. Liefernebenkosten
Die Yamaha MT-09 kannst Du beim Händler Deines Vertrauens probefahren:
Motostudio Reinecke in Heilbronn
Motorrad Rubin in Schwanau-Nonnenweier
Motorradzentrum Freiburg
Motorrad Waser in Waldshut-Tiengen
Theo Däschlein aus Bechhofen