Korsika ist mit 8.722 Quadratkilometern die viergrößte Mittelmeerinsel und hat ca. 340.000 Einwohner. Seit 1768 gehört Korsika zu Frankreich und hatte zuvor zahlreiche Herrscher, unter anderem die Römer & die Genueser. der Korse hat sich möglicherweise von diesem historischen Erbe eine leicht rebellische Eigenständigkeit bewahrt. Knapp 40 % Korsikas sind in einem regionalen Naturpark zusammengefasst.
Nach einer knapp über 900 Kilometer langen Anreise aus der Kölner Umgebung haben Thilo und ich unser Zwischenziel im Department Ardèche erreicht und lassen unser freudiges Zusammentreffen mit unseren Mitfahren Jochen (Tourguide von Endurofuntours) und Michael landesüblich bei einem Glas Wein ausklingen. Hier lassen wir Wagen und Trailer stehen und machen uns auf Nebenwegen durch das Vaucluse und die Provence auf in Richtung unseres Fährhafens Toulon, den wir nach gut 330 Kilometern erreichen. Die gebuchte Nachtfähre der Corsica Ferries hat leider etwas Verspätung, so dass wir erst kurz vor Mitternacht unsere Kajüten bezogen haben. Froh, dass wir eine recht windstille und entsprechend ruhige Überfahrt haben, werden wir gegen 7 Uhr durch die Lautsprecherdurchsagen auf die bevorstehende Ankunft in Ajaccio geweckt. Ein „petit dejeuner“, dass für Bordverhältnisse ab 4,90 € zuzüglich Kaffee günstig angeboten wird, rüstet uns auf die Weiterreise.
Entspannt: Mit der Nachtfähre nach Ajaccio.
Korsika bietet endlos erscheinende Kurvenfolgen und abwechslungsreiche Fahrprofile.
Da die motorisierten Zweiräder alle recht nahe an der schiffseigenen Rampe abgestellt wurden, sind wir entsprechend auch die ersten, die das Schiff verlassen können. Unser Fährhafen Ajaccio, Hauptstadt und Sitz der Präfektur, liegt an der Westseite Korsikas im etwas südlichen Drittel der nicht ganz 200 Kilometer langen Nord-Süd Ausrichtung. Hier treffen wir auch Thomas, der bereits vorher hier angereist ist.
Wir verlassen die Hafenstadt auf schnell kleiner und unbedeutend werdenden Straßen in nördliche Richtung. Die Westküste Korsikas ist geprägt von zahlreichen Buchten, Klippen und Felsen, die oftmals recht steil ins Wasser fallen. Flache Strandzonen sind wesentlich seltener zu finden als auf der insgesamt flacher auslaufenden Ost-seite der Insel.
In Richtung Porto lenkend umfahren wir den 1.331 Meter hohen Capu di u Vitullu, eine der bei Wanderern besonders beliebte Region. Wir streifen die Spelunca-Schlucht, besuchen die spektakuläre Kulisse der Calanques und nähern uns unserem abendlichen Ziel in Sagone. Highlights des Tages waren die nahen Gebirgszüge und die zahlreichen alten Küstenstraßen, die für den normalen Verkehr nahezu keine Bedeutung mehr haben und sich aus diesem Grund zum Eingrooven mit Meerblick anbieten.
Der Col de Vergio ist mit 1.470 Metern die höchste Passstraße Korsikas.
Auf Korsika ist immer mit freilaufenden Tieren auf der Straße zu rechnen.
Abseits der asphaltierten Strecken lässt sich so manches entdecken.
Fotostopp in der Scala Di Santa Regina Schlucht.
Unsere zweite Etappe führt uns einmal diagonal durch Korsika in nordöstliche Richtung: Über den Col de Vergio (1.470 Meter), der höchsten Passstraße Korsikas, und in das Tal des Aïtone. Der Aïtone bietet mit seinen durch Wasserkraft und Sedimenten glattgeschliffenen Felsbrocken zahlreiche Flussbadestellen, sog. Gumpen. Jetzt im April nett anzusehen, aber noch etwas zu frisch für uns Warmduscher. Unsere Fahrstrecke ist gesäumt von zahlreichen schneebedeckten Bergspitzen. In Richtung Norden ergibt sich für uns der Blick auf die höchste Erhebung Korsikas, den Monte Cinto mit 2.706 Metern. Der Monte Cinto ist einer von über 50 Gipfeln, die über 2.000 Meter emporragen.
Die Entscheidung für das Innenfutter im Motorradkombi war für die heutige Etappe mit diesen Höhenzügen die richtige, nimmt doch mit zunehmender Höhe grob gerechnet alle 100 Meter die Temperatur um ein Grad ab. Auf den eher spärlich befahrenen Straßen ist immer mit halbfrei gehaltenen Weidetieren zu rechnen. Ziegen, Schafe, korsische Wollschweine „Porcu nustrale“ und Rinder teilen sich regelmäßig mit uns den Asphalt und kündigen sich häufig durch tierische Hinterlassenschaften auf der Straße optisch an.
Unweit von Bastia, in Biguglia, gönnen wir uns einen Camping Bungalow direkt am Strand (www.campingsandamiano.com). Den Norden Korsikas verlassen wir wieder am Folgetag Richtung Süden. Wir meiden die eher gerade verlaufende Küstenstraße in Korsikas Osten und nutzen die kurvenreichen Nebenstraßen des gebirgigen Zentrums. Auf dem Weg zu unseren Etappenziel Porto Vecchio folgen wir dem Col de Bavella. Die bizarr geformten Felsspitzen des Aigulles de Bavella werden auch die Dolomiten Korsikas genannt und sind Ziel zahlreicher Wanderwege. Immer wieder durchfahren wir Gebiete, wo sich grobe Spuren von Waldbränden langsam erholen und neues Grün hervorbringen. In Sartène gönnen wir uns in der imposanten Altstadt eine Erfrischung. Von Porto Vecchio geht’s weiter Richtung Süden.
Bonifacio mit ihrer über die Klippen ragenden Altstadt und Zitadelle.
Abstecher zum Hafen von Bonifacio.
Bonifacio im äußersten Süden ist ein Punkt, den man auf keinen Fall versäumen sollte. Die Altstadt, die förmlich bereits über die Klippen herausragt und die Zitadelle hoch oben auf dem Fels, blickt auf den lang gezogenen natürlichen Hafen, der gut geschützt nahezu eine Seemeile ins Land hineinragt. Neben Fähren zu der Nachbarinsel Sardinien bieten Ausflugboote die Erkundung der zahlreicher Grotten, Höhlen und Felsauswaschungen der Küste sowie der kleineren vorgelagerten Inseln an. Wer die Zeit hat, sollte sich dies nicht entgehen lassen, stehen die meisten der Erhebungen doch unter Naturschutz.
Die Île de Cavallo liegt in etwa vier Kilometern vor der Küste Korsikas. Sie ist in Privatbesitz. Hier haben sich nicht die „Oberen 10.000“ sondern eher ein „Gutes Dutzend“, sozusagen die Premier League aus Industrie, Film & Fernsehen und des Adels, eindrucksvoll immobilisiert. Cavallo verfügt über einen standesgemäßen Jachthafen, sowie Landemöglichkeiten für Helikopter und Kleinflugzeuge.
Unsere Tagesetappe endet am Kevano Plage, den wir nach kurvenreicher Topografie erreichen. Am nächsten Tag durchkreuzen wir den Südwesten Korsikas und beglücken uns mit endlos erscheinenden Kurvenfolgen und abwechslungsreichen Fahrprofilen. Mittags kehren wir in einer typischen dörflichen Gastronomie ein, die uns nicht nur mit flüssigen und festen Genüssen versorgt sondern auch unterhaltsam am Leben in Korsika teilhaben lässt.
Unser Etappenziel ist Sagone, quasi unser Ausgangspunkt nach der Fährüberfahrt. Da wir wieder die Nachtfähre gebucht haben, nutzen wir den Tag, um die regionalen Landesprodukte in Form von Käse und Wein zu genießen, wobei die Weinflasche erst nach dem Abstellen des Bikes entkorkt wird.
Auf der Route des Sens Authentiques entdeckt man das ländliche Korsika wie hier die Käserei von Johanna Soton in Arbori.
Eine kurvenreiche Fahrt durch den Nationalpark Calanques.
Übernachtungstipps
Wir haben auf der Tour ausschließlich Campingplätze genutzt: den Vier-Sterne Campingplatz Sagone Camping www.camping-sagone.fr; ebenfalls mit vier Sternen kategorisiert ist der Campingplatz San Damiano in Biguglia, www.campingsandamiano.com; der Campingplatz Porto Vecchio wartet auch mit vier Sternen auf, www.camping-porto-vecchio.com. Schließlich noch der Drei-Sterne Campingplatz Kevano, www.campingkevano.com, in Pianottoli-Caldarello.
www.visit-corsica.com/de
www.corsica-ferries.de
Text: Günter Stüsser
Fotos: Günter Stüsser, Thilo Kozik, Thomas Krämer
Über den AUTOR
Günter Stüsser
Schreibt hauptsächlich Reiseberichte, fährt eine klassisch gelbe BMW 1200 GS. Zu finden sind seine Reiseberichte in diversen Publikationen und auf seiner Facebook-Seite.