Slowenien kennen die meisten nur von der Durchreise nach Kroatien. Schade, denn das kleine Land, eingebettet zwischen den Alpen und dem Mittelmeer hat sehr viel zu bieten.
Von Roland Herr
Die Motorradgruppe der IPA Rastatt/Baden-Baden und ein IPA-Freund der IPA Waldshut haben sich deshalb bereits 2019 entschlossen, Slowenien mit dem Motorrad zu erkunden. Wegen Corona musste die Tour zweimal verschoben werden. 2022 war es dann endlich soweit. 16 Teilnehmer/-innen mit 11 Motorrädern und einem Begleit-Pkw machten sich auf den Weg.
Montag, 20. Juni 2022
Gegen 08.30 Uhr treffen sich die IPA-Biker in der Dorfbäckerei Ritter in Vörstetten zum gemeinsamen Frühstück. Von hier geht die Fahrt kurvenreich über den Südschwarzwald bis nach Jestetten an der Schweizer Grenze. Dort erwartet uns ein Freund der IPA Waldshut mit dem Begleit-Pkw im Café Schäfer. Nach einer erholsamen Pause und einem kleinen Snack rollen wir langsam über die alte Zollbrücke nach Rheinau/Schweiz. Die gedeckte Holzbrücke zählt zu den heute seltenen Pfahljochbrücken. Quer durch die Schweiz erreichen wir nach knapp zwei Stunden die Markthalle Altenrhein im Hundertwasserhaus am Flughafen St. Gallen. Nach der Kaffeepause drücken wir die Starter und setzen die Tour fort. Bei Au/Lustenau wechseln wir rüber nach Österreich. Auf der schmalen aber gut asphaltierten Panoramastraße geht es zielstrebig hinauf auf das Furkajoch. Bei „Charly“ gibt es ein erfrischendes Getränk bevor wir die letzte Etappe durch das Namlostal nach Berwang-Rinnen zur Zwischenübernachtung im Hotel Thaneller in Angriff nehmen.
Dienstag, 21. Juni 2022
Kurz nach 9 Uhr starten wir in Berwang-Rinnen über den Fernpaß nach Imst. Um zügiger voran zu kommen verlegen wir auf die Autobahn. An Innsbruck vorbei geht es auf der A12 eintönig bis Wörgl. Hier verlassen wir die Autobahn und touren 100 km über Land bis nach Bischofshofen, um dort wieder auf der Autobahn 10 Richtung Kärnten Strecke zu machen. Bei Villach verlassen wir die Autobahn. Über den Wurzenpass kurven wir zackig nach Kranjska Gora in Slowenien, dem bekannten Wintersportort. Nach dem Check-In im Hotel Kotnik können wir die Motorräder sicher in der Tiefgarage parken. Bis zum Abendessen haben wir noch eine Stunde Zeit. Die nutzen wir um den Stadtkern der netten Kleinstadt Kranjska Gora zu erkunden und einige Fotos zu schießen.
Ein Besuch bei den slowenischen IPA (International Police Association) Kollegen.
Blick auf fünf der acht Schanzen im Nordic-Center Planica. Die weltgrößte Letalnica bratov Gorišek befindet sich etwas weiter links.
Mittwoch, 22. Juni 2022
Heute lassen wir es gemütlich angehen. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichen wir den Luftkurort Bled. Wir haben Glück. Der Motorradparkplatz direkt am See ist frei und alle Motorräder finden einen Platz. Auch unser Begleit-Pkw hat ein Schattenplätzchen auf dem Pkw-Parkplatz ergattert. Jetzt hat jeder drei Stunden zur freien Verfügung. Da keines der traditionellen Boote zur Inselüberfahrt bei uns anlegen will, schwimmt einer unserer IPA-Biker kurzerhand über den See zur Insel, während die anderen schon eine original Bleder Kremsnita (Cremeschnitte) genießen. Vom Bleder See aus schwingen wir uns kurvenreich zum Bohinj-See im Triglav-Nationalpark. Der größte See Sloweniens ist von den imposanten Gipfeln der julischen Alpen umgeben. Am Ende des Sees führt die Straße noch ca. vier Kilometer weiter und endet mitten im Wald, umgeben von beeindruckenden senkrechten Felswänden. Hier befindet sich die Gaststätte und das Hotel „Planinski dom Savica“. Auf der schattigen Terrasse machen wir eine Pause bevor wir über schmale und kurvenreiche aber gut befahrbare Wege die Rückfahrt durch die einsamen Wälder des Nationalparks nach Kranjska Gora antreten. Nach dem Abendessen im Hotel Kotnik machen einige Tourteilnehmer noch einen Verdauungsspaziergang, während die Anderen auf der Terrasse ein Glas slowenischen Rotwein genießen.
Der Bledersee mit seiner kleinen idyllischen Insel. Notfalls auch schwimmend vom Ufer aus zu erreichen, wenn kein Boot zur Inselüberfahrt da ist.
Donnerstag, 23. Juni 2022
Bereits um 8 Uhr sind wir zu einem Treffen mit der IPA-Verbindungsstelle Kranjska Gora auf der Polizeistation Kranjska Gora eingeladen. Nach Begrüßung durch den Dienststellenleiter und dem IPA-Verbindungsstellenleiter erfahren wir einiges über die Arbeit und die Organisation der Polizeistation Kranjska Gora. Auch eine interessante Führung durch die Dienststelle steht aufdem Programm. Bevor wir uns von den Kolleginnen und Kollegen und IPA-Freunden verabschieden, machen wir noch ein gemeinsames Gruppenfoto vor der Polizeistation Kranjska Gora mit Übergabe der IPA-Freundschaftsgeschenke. Anschließend geht es zum Frühstück zurück ins Hotel. Die heutige Tour führt uns nach Planica. Der erste Gedanke, wenn man Planica erwähnt, ist definitiv das Skispringen und Skifliegen. Hier wurden unzählige Rekorde gebrochen, von der Bloudek-Rožman-Schanze bis zur Letalnica bratov Gorišek Riesenschanze, der heute zusammen mit der Vikersundbakken in Norwegen größten Skisprungschanze der Welt. Gemessen am aktuellen Schanzenrekord steht die slowenische Riesenschanze in der Bestenliste auf Platz 2. Seit das moderne Nordiccenter Planica eröffnet wurde, ist Planica auch an anderen Tagen im Jahr ein Erlebnis. Neben einer gläsernen Luftkanalröhre in der man „fliegen“ kann, wird die riesige Tiefgarage im Frühling zur Langlaufloipe. Wenn die Wintersaison endet, wird Schnee in die Tiefgarage gebracht. So kann man den ganzen Sommer über Langlauf betreiben.
Wir touren weiter nach Tarvisio in Italien. Über den Predilpass geht es wieder zurück nach Slowenien auf die spektakuläre Mangartstraße. Der letzte Kilometer auf den Mangart ist wegen Felssturz leider gesperrt. Die Mangartstraße ist die höchstgelegene Straße Sloweniens. Die ca. 12 Kilometer lange Straße ist ein Meisterwerk der italienischen Militärbaukunst und wurde 1938 als Teil eines militärischen Systems erbaut.
Von der Abzweigung vor der Mliniˇc-Brücke-Pri Mlinˇcu führt die teils sehr schmale Hochgebirgsstraße mit bis zu 22 % Steigung zunächst durch das Tal des Mangartbaches, dann über 17 enge Kehren und fünf in den Fels gehauene unbeleuchtete Tunnel hinauf bis unter die Lahnscharte in 2.055 m Höhe. Nichts für schwache Nerven. Während unseres Fotostopps ziehen plötzlich dunkle Wolken über dem Mangart auf. Jetzt nichts wie runter.
Bei der Talfahrt ergeben sich spektakuläre Aussichten über die Ostalpen und ins italienische Friaul. Auf dem Weg Richtung Vršicpass kommen wir vorbei an der Festung Kluže. Im 15. Jahrhundert war die Festung Kluže eine hölzerne Festung. Später wurde eine Steinfestung gebaut, die im 18. Jahrhundert von der österreichischen Besatzung vor der Armee von Napoleon verteidigt wurde. Bei Bovec biegen wir links ab zum Vršicpass. Von dort geht es zurück nach Kranjska Gora in unser Basishotel. Hier erwarten uns landestypische kulinarische Besonderheiten.
Freitag, 24.Juni 2022
Über Landstraßen und Autobahn erreichen wir Ljubliana,die Hauptstadt Sloweniens. Hier steuern wir gezielt die Burg hoch über der Stadt an. Das Laibacher Schloss ist ein Schlosskomplex über der Innenstadt von Ljubljana. Es ist ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt. Ursprünglich eine mittelalterliche Festung, wurde das Laibacher Schloss im 11. Jahrhundert erbaut. Direkt vor dem Schlosseingang finden wir Platz um die Motorräder zu parken. Von hier ist die schöne Altstadt in wenigen Minuten mit einer modernen Standseilbahn zu erreichen. Nach drei Stunden Aufenthalt starten wir die Motoren und steuern den Ort Bistra an. Durch die Torbögen des ehemaligen Kartäuser-Klosters gelangen wir in den Gebäudekomplex, der das technische Museum Sloweniens und ein Café-Restaurant beherbergt. Kaum zu glauben, hier gibt es sogar eine leckere Schwarzwälder Torte, die mit dem Original natürlich nicht zu vergleichen ist. Auf dem Rückweg zu unserem Hotel machen wir noch einen Abstecher zum Jasna-See. Der künstlich angelegte See liegt kurz hinter Kranjska Gora auf dem Weg zum Vršicpass. Im kristallklaren Wasser spiegeln sich die umliegenden Berge. Direkt am See steht die berühmte bronzene Steinbock-Statue, eines der meistfotografierten Objekte in Slowenien. Einer unserer Tourteilnehmer leiht sich kurzerhand ein Standup-Paddling-Board und paddelt mit kompletter Motorradmontur über den See.
Teilweise sehr anspruchsvolle Straßen, eine Herausforderung an Mensch und Maschine. Links eine der 50 Spitzkehren der Vrsicpassstraße; rechts die slowenische Grenzkammstraße mit Schotter.
Die Höhlenburg Predjama, ein architektonisches Meisterwerk.
Die Solkanbrücke gilt als weltweit größte gemauerte Steinbogenbrücke.
Samstag,25. Juni 2022
Heute verlagern wir gen Süden. Vollgepackt schlängeln wir uns erneut über den 1.611 Meter hohen Vršiˇcpass. 50 durchnummerierte Haarnadelkurven, 25 davon mit Kopfsteinpflaster, müssen bewältigt werden. Bereits nach wenigen Kilometern legen wir bei Kehre 8 einen Stopp ein und machen einen kurzen Fußmarsch zur russischen Kapelle. Die Holz-Kapelle wurde zur Erinnerung an russische Kriegsgefangene erbaut, die im Ersten Weltkrieg im Zusammenhang mit dem Bau der Passstraße durch einen Lawinenabgang und andere Unglücke zu Tode kamen. Nachdem wir die 50 Kehren des Vršiˇcpasses bewältigt haben, erreichen wir das Soˇca-Tal. Das Soˇca-Tal ist eines der schönsten Täler der Julischen Alpen und das führende Outdoor-Ziel für Camping, Rafting und Adrenalin-Kicks in Slowenien. Auf dem weiteren Weg Richtung Süden wählen wir die Route über die Slowenische Grenzkammstraße. Etwa 40 km zieht sich die slowenische Grenzkammstraße ab dem kleinen Ortschaft Livek nach Süden. Die gesamte Strecke war mal durchgehend geschottert. Im Rahmen der Erschließung der Grenzregion für den Tourismus wird die Kammstraße zunehmend asphaltiert. Am 27. Mai 2022 fand die 19. Etappe des Giro d’Italia statt. Diese führte die Fahrer auch nach Slowenien, wo ein Stück der inzwischen neu asphaltierten Grenzkammstraße zu absolvieren war. Etwa auf halber Strecke der Grenzkammstraße finden sich Überreste italienischer Stellungen mit Schützengräben und Bunkern aus dem Ersten Weltkrieg. Ein Gang durch die Gräben und unterirdischen Gänge geben einen Einblick in die blutigen Kämpfe der damaligen Zeit.
Bald erreichen wir den 5.000 Einwohner zählenden Ort Kanal ob Soci, der sich rechts und links an den Soci-Fluss schmiegt. Einige Kilometer weiter überqueren wir die mächtige 55 Meter hohe Solkan-Brücke über den Soci-Fluss. Bei der Überfahrt haben wir einen sensationellen Blick auf die alte Salcanobrücke. Sie gilt als die größte gemauerte Eisenbahn-Bogenbrücke der Welt. Jetzt erreichen wir die Region Brda, die Toskana Sloweniens. Brda ist eine interessante Mischung aus sanften Hügeln, Bäumen, Rebzeilen und alten Dörfern. Zwischen Weinbergen, an Kirschen- und Olivenbäumen vorbei geht es kurvenreich nach Šmartno, unserem Aufenthaltsort für die nächsten Tage.
Sonntag, 26. Juni 2022
Wir fahren nach Postojna. Hier befindet sich die zweitgrößte und die am meisten besuchte Tropfsteinhöhle der Welt. Der Besuch im größten und attraktiv-sten Karst-Höhlensystem Europas ist mehr als beeindruckend. Ein gigantisches unterirdisches Paradies, das über Millionen von Jahren entstanden ist. Schon die einzigartige, fast vier Kilometer lange Fahrt mit dem Höhlenzug ins Innere der insgesamt 25 Kilometer erschlossenen Tropfsteinhöhle gehört zu den absoluten Highlights in Slowenien. Danach folgt ein gut einstündiger Fußmarsch durch das einmalige Höhlensystem. Nur wenige Kilometer von der Höhle von Postojna entfernt bietet sich ein unvergessliches Erlebnis in die Welt der Ritter. In der 123 Meter hohen senkrechten Felsenwand hängt ein über 800 Jahre altes uneinnehmbares Wunder. Hinter der größten Höhlenburg der Welt befindet sich ein Geflecht von geheimen Gängen, von denen aus sich der Ritter Erasmus von Predjama auf seine Raubzüge begab. In der Höhle unter der Burg haben hunderte Fledermäuse ihr Domizil gefunden. Am späten Nachmittag starten wir zurück zu unserem Hotel. Den Tag lassen wir in dem kleinen feinen Restaurant Marica in einer schmalen Gasse in der Altstadt von Šmartno ausklingen.
Kurz hinter Kranjska Gora liegt der (künstlich) angelegte Jasnasee.
Montag, 27. Juni 2022
Die Fahrt geht über Landstraßen und die Autobahn nach Piran, der Perle Sloweniens am Mittelmeer. Mit ihrer malerischen Lage, ihrer mittelalterlichen Altstadt und der venezianischen Architektur ist die Stadt an der Slowenischen Riviera eines der Touristenzentren in Slowenien. Hier verbringen wir den Tag mit baden, chillen und Standup-Paddeln. Auch das leibliche Wohl kommt nicht zu kurz. An jeder Ecke finden sich Restaurants, Bars und Eiscafés. Die Rückfahrt nach Šmartno führt uns noch nach Lipica, dem berühmten Pferdegestüt. Der Ort mit dem berühmten Lipizzaner-Gestüt gehört zum Stolz Sloweniens. Es ist das älteste Gestüt Europas, wo seit über 400 Jahren dieselbe Pferderasse gezüchtet wird. Von hier geht es kurvenreich weiter nach Štanjel. Hier befindet sich ein Schloss mit dem sehenswerten Ferrari-Park. Für einen
Besuch ist es heute aber zu heiß. Deshalb entschließen wir uns für die Rückfahrt zum Hotel und freuen uns auf ein kühles Getränk auf der Terrasse.
Das Touri-Fotomotiv schlechthin: die in unmittelbarer Nähe stehende Steinbock-Bronzeskulptur.
Dienstag, 28. Juni 2022
Heute ist wieder Packen angesagt. Wir fahren über die italienische Grenze Richtung Udine. Dort spulen wir einige Kilometer auf der Autobahn bis Tolmezzo ab. Dann verlassen wir die Autobahn in Richtung Südtirol. Über Comeglians und den Kreuzbergpass kommen wir ins Pustertal. Der Himmel verdunkelt sich schlagartig. Bei Gewitter und strömendem Regen kämpfen wir uns über den Brennerpass nach Innsbruck durch. Von dort nehmen wir die Autobahn bis nach Imst. Das Wetter beruhigt sich, so dass wir die kürzeste Route über das Hahntennjoch nehmen können. Ab der Passhöhe hat der Wettergott ein Einsehen mit uns. Die Sonne kommt zum Vorschein. Im Hotel Vera Monti in Holzgau angekommen, können wir die nassen Klamotten im exklusiv für uns beheizten Ski-Keller zum Trocknen aufhängen. Um 20 Uhr erwartet uns ein sensationelles 4-Gänge-Menü im Hotel-Restaurant, was uns für die Strapazen der letzten Stunden entschädigt.
Mittwoch, 29. Juni 2022
Nach einem hervorragenden Frühstück starten wir die letzte Etappe Richtung Heimat. Von Holzgau aus rollen die 11 Motorräder und unser Service-Pkw der IPA Waldshut über den Hochtannbergpass in den Bregenzerwald. Hier teilt sich die Gruppe und jeder nimmt die letzten 200 – 250 Kilometer Heimweg auf verschiedenen Strecken in Angriff.
Fazit
Die Slowenien-Tour war sicher eine der schönsten Motorrad-Reisen der IPA Rastatt/Baden-Baden.
Fotos: RH, pixabay, Adobe Stock