Die norditalienische Provinz Trentino ist Ziel unserer Motorradreise. Verspricht Sie doch Dank einer Topografie, die am Gardasee mit gut 55 Höhenmetern beginnt und auf zahlreiche Alpenpässe mit über 2.000 Meter ansteigt, unzählige Kurven und Kehren. Zudem locken auch im frühen Jahr Dank mediterranem Einfluss Wohlfühltemperaturen.
Wir starten in Biberach, wo wir Auto und Trailer absetzen und nähern uns auf Nebenstrecken. In Mathon/Tirol machen wir einen Zwischenstopp. Aufgrund der aktuellen Wolkenlage am Anreisetag verzichten wir auf das Timmelsjoch und nehmen die etwas kürzere, westlich gelegenere Route über den Reschenpass bis zu unserem Ziel in Trento. Etwas außenhalb des Zentrums, auf einer Anhöhe finden wir das historische Anwesen der ehemaligen Bischofsdynastie der Madruzzo`s. Sehr empfehlenswert ist ein kleiner Spaziergang an dem naheliegenden 40 Meter tiefen Wasserfall Orrido di Ponte Alto.
Trento/Trient liegt sehr zentral im Trentino, so dass sich in Tagesetappen nahezu jede Ecke der sich schmetterlingsförmig darstellenden Region erkunden lassen. Ein Besuch der Altstadt von Trento nicht nur wegen der vielen historischen Gebäude und dem Dom. Am nächsten Morgen starten wir in nordöstliche Richtung und schrauben uns teilweise auch auf eher einspurigen Sträßchen die Ausläufer der Dolomiten hoch. Zahlreiche Seen laden zu relaxenden Pausen ein. Das Rifugio Passo le Selle ist zumindest auf relativ direkten Weg in unter 100KM zu erreichen und bieten eine perfekte Fernsicht auf die Dolomitengipfel. Es liegt in einer Höhe von mehr 2.529 M und ist mit dem Lift erreichbar.
Liegt Trento auf einer Meereshöhe von unter 200 Metern so genießen wir die etwas kühleren Temperaturen in 1.000 – 1.500 Meter Höhe. Über den Daumen gepeilt reduziert sich die Temperatur alle 100 Höhenmeter um ein Grad. Heutiges Ziel ist der Lago Terlago, den wir nach ca. 250 Kilometern erreichen. Gefühlt haben sich die Reifen unserer Reiseenduro nahezu niemals in der Mittellage befunden. Zufrieden mit unserer Streckenplanung genießen wir den Garten unserer Unterkunft. Den nächsten Tag lassen wir etwas ruhiger angehen und statten der Touristenhochburg Riva del Garda einen Kurzbesuch ab. Das obligatorische Eis lassen wir auf der Zunge zergehen und schauen hierbei den in kurzen Zeitabständen ein- und auslaufenden Fährschiffen der „Navigarda“ zu.
Eine wenig Kultur bietet das Castel Drena an, welches unweit und ganz in der Nähe des Lago di Cavedine liegt. Die strategische Platzierung auf einem erhabenen Felsen diente der Überwachung des Verbindungsweges Trient-Gardasee. Wer sich für Oliven und Weintrauben bzw. deren Erzeugnisse interessiert, dem ist ein unbedingter Besuch des unweit von Riva produzierenden Familienbetriebs „Madonna Vittorie“ zu empfehlen. Aus erster Hand kann man dort die typischen Landesprodukte nicht nur in flüssiger auf jeden Fall aber in besonders geschmackvoller Art probieren. Und wer zu viel des edlen Flüssigen zu sich genommen hat, dem stehen bei Bedarf auch noch 2 Fremdenzimmer zur Verfügung.
Auch wenn es uns schwer gefallen ist, haben wir uns den alkoholischen Genüssen versagt, weil es galt unser heutiges Ziel am Lago de Tenno zu erreichen. Der Tennosee soll vor ca. 800 Jahren aufgrund eines Erdrutsches entstanden sein und zeichnet sich durch seine auffallend türkise Farbgebung auf. Wenn es die Zeit zulässt ist ein Besuch des ursprünglichen, aus dem Mittelalter stammenden Dorfes Canale de Tenno unbedingt zu empfehlen.
Nach 9 Tagen in der Region Trentino und dem Gardasee gönnen wir uns die Heimreise über den Passo del Tonale. Wer sich wie wir einen Werktag in der Motorradsaison für dessen Überquerung aussucht wird von zauberhaften Kurvenglück übermannt. Für den gleichmäßigen Anstieg auf 1.883 Meter aus Fucine kommend benötigt das saubere Asphaltband gut 14 Kilometer.

Fallert Achern Team

Arrivederci Bolzano, ciao Trento.

Fallert Achern Team

Die Villa Madruzzo – historisches Anwesen der ehemaligen Bischofsdynastie.

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Der Tennosee mit seiner auffallend türkisen Farbgebung.   Foto: Roberto Bragotto

Die Region Trentino

Die italienische Region Trentino belegt eine Fläche von 8.297 Quadratkilometer und bietet damit eine Bevölkerungsdichte von nur 87 Einwohner/km2. Trentino grenzt im Norden an Südtirol und führt von den Dolomiten zum Gardasee. Mit insgesamt 297 Seeen liegen 10% aller Alpenseen im Trentino. Dieser außerordentliche Wasserreichtum und die entsprechende Nutzung beschert der Region eine elektrische Energie, die zu 82,7% aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. In der Provinzhauptstadt Trento/Trient gibt es auch industrielle Dienstleister, überwiegend jedoch viele Landwirtschaftliche Betriebe die Obst und Früchte (Weintrauben, Oliven usw) anbauen und vermarkten.

Das Klima

Die Region Trentino profitiert vom nahen Mittelmeer. Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch der Gardasee mit seinen beständigen winden, der außergewöhnlich einflussreich für die klimatischen Bedingungen ist. Die beiden wichtigsten Winde des nördlichen Gardasees sind der Pelèr, der aus Richtung Norden weht ein Schönwetterwind, und die aus entgegengesetzter Richtung kommende Ora, die in der Regel den Pelèr zeitlich (oftmals mittags) ablöst. Diese beständigen Winde sind nicht nur bei den zahlreichen Wassersportlern sondern auch bei den Plantagenbesitzern sehr beliebt, da sie Feuchtigkeit und Fäulnis von den Früchten fernhalten. Daneben gibt es aber auch noch ein halbes Duzend seltenere Querwinde, die auch mal und das haben wir erlebt heftige Böen im Angebot mitbringen und es schaffen die Terrasse einer Außengastronomie in Sekunden zu leeren.

Fallert Achern Team

Das Castel Drena in der Nähe des Lago di Cavedine.  Foto: Daniele Lira

Fallert Achern Team

Canale di Tenno.  Foto: Tommaso Prugnola

Tipps für den Biker

Alpentouren stellen aufgrund der Vielzahl der gefahrenen Höhenmeter und der bedingten Beschleunigungs- und Bremsmanöver eine nicht zu unterschätzende Beanspruchung von Reifen und Bremsen dar, die aus diesem Grund vor Antritt der Reise auf TOP-Niveau sein sollten. Meine Reiseplanung habe ich am heimischen PC unter Verwendung von kurviger.de vorgenommen und auf dem CI-Pad mittels der LocusApp navigiert. Vorteil ist, dass ich nicht nur Autobahn und Mautstraßen ausschließen, sondern Routenoptionen viel kleinteiliger auch für einzelne Tagesabschnitte festlegen konnte.

Über den AUTOR

Günter Stüsser

Schreibt hauptsächlich Reiseberichte, fährt eine klassisch gelbe BMW 1200 GS. Zu finden sind seine Reiseberichte in diversen Publikationen und auf seiner Facebook-Seite.

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