Feinster Zwirn in Größe 54 zu testen, ist der Arbeitsauftrag. Wir sprechen vom brandneuen PaceGuard Adventure aus der aktuellen BMW Kollektion 2021. Nach unten abgerundet wird die Aufgabe durch die Stiefel GS Competition – ebenfalls neu im Portfolio der BMW Arbeitskleidung für den abenteuerlustigen Enduristen. Geliefert wird der Zweiteiler in einer flachen Aufbewahrungstasche mit zwei Griffen, die mit einem Reißverschluss verschlossen werden kann. Das Thema Reißverschluss ist bei dieser Kombination allgegenwärtig. Inklusive des Taschenreißverschlusses (82 cm) spricht man von über fünfeinhalb Meter verzahnten Verbindungen. Addiert man noch die 164 cm Klettverschlüsse an Jacke und Hose dazu, ist unschwer zu erkennen, dass auf individuelle Anpassungsmöglichkeiten großen Wert gelegt wird. Zahlreiche Innen- und Außentaschen, teilweise auch wasserdicht, ermöglichen die Mitnahme aller „must have“ und vieler „nice to have“ Utensilien eines Zweiradwanderers. Besonders angetan hat es mir die große Rückentasche mit 24 x 42 cm – also genug Platz, um neben einer althergebrachten Straßenkarte noch die aktuelle Ausgabe des bmm in Griffweite dabei zu haben. Die Sichtfenstertasche am linken Unterarm eignet sich gut zur Aufnahme des elektronischen Sendeschlüssels. Wem kam nicht schon ab und an nach einer Pause der Gedanke: Habe ich das Topcase abgeschlossen und den Schlüssel abgezogen? (Die meisten Motorräder starten auch, wenn der Schlüssel im Heckbereich aufbewahrt wird). Gewöhnt man sich an, die elektronische Startgenehmigung hinter der durchsichtigen Folie zu platzieren, kann man sich mit einem kurzen Blick während der Fahrt schnell selbst beruhigen. Jetzt aber rein in die Bux. Anfangs fühlt sich das Obermaterial ziemlich störrisch an, was sich nach wenigen hundert Kilometern intensiver Nutzung auf ein angenehmes Maß reduziert. Die serienmäßig an allen wichtigen Punkten integrierten Protektoren passen sich nach Aufnahme von genügend Körperwärme angenehm an die Gelenke an. Laut Prospekt bietet die Jacke eine Anbindungsmöglichkeit für einen in drei Positionen höhenverstellbaren Brustprotektoren, der gesondert erworben werden kann. Das in klassischem Schwarz gehaltene Testexemplar vermittelt für schnöde Arbeitskleidung einen edlen Eindruck. Einzig die für meine Begriffe zu klein gehaltenen reflektierenden Flächen widersprechen dem sehr hohen Sicherheitsstandard. Hier könnte in einer zweiten Auflage noch nachgebessert werden. Das notwendige individuelle Anpassen der PSA (persönlichen Schutzausrüstung) benötigt etwas Zeit, kann aber mit den bereits oben erwähnten Einstellmöglichkeiten sehr exakt vorgenommen werden. Einmal auf die eigenen Rundungen angepasst, ist die Pelle schnell angelegt. Eilige Sicherheitsfanatiker verbinden Jacke und Hose mit dem kurzen 40 cm Reißverschluss im Rückenbereich – wer es richtig ernst nimmt, verwendet den fast komplett umlaufenden langen, und macht damit aus dem Zweiteiler eine vollwertige Kombi. Man kann es aber auch, so wie ich meistens, ganz lassen. Die Resistenz gegen ungeliebtes Nass von oben hat der Anzug gleich bei der ersten Testfahrt und einem etwas mehr als einstündigem Nieselregen unter Beweis stellen müssen – und auch getan. Bei einem weiteren Versuch hat der Wettergott die entgegengesetzten Testbedingungen mit 30 Grad Celsius am Nachmittag geliefert. Die Lüftungsöffnungen an Armen, Beinen, Brust und Rücken bewirken eine hervorragende Zirkulation und sorgen für deutlich erhöhten Luftdurchsatz. Der Clou ist das AirVent System am Frontreißverschluss. Der Reißverschluss kann in beliebiger Stellung geöffnet werden. Ein darunterliegendes Meshgewebe das über einen weiteren Zipper die Jacke zusammen hält, lässt den Luftstrom fast ungehindert durch. Während ausgiebiger Nutzung zeigt der Anzug immer wieder durchdachte Kleinigkeiten, die den Fahralltag angenehmer gestalten. Der Kragen kann mit einem Klett passgenau verschlossen werden. Will man mehr Luft um den Hals, wird die sonst im Fahrtwind vor der Gurgel flatternde Lasche auf einem gegenüber liegendem Klett fixiert und stört somit nicht. Im Jackenbund und in den Ärmeln sind Windstopper integriert, wie man es von Winterjacken kennt.
Sichtfenstertasche am linken Ärmel.
Dezentes Branding, aber unverkennbar BMW.
Gut gelöst: der Kragen wird mit Klettverschluss passgenau verschlossen werden.
Das AirVent-System überzeugt. Jacke und Hose lassen sich via Klettverschluss individuell an die eigenen Körpermaße anpassen.
Die PaceGuard-Jacke wartet mit allerlei Verstaumöglichkeiten auf.
Die zum Testauftrag gehörenden Endurostiefel sind dem Namen nach für den Wettbewerb konzipiert. „Nomen est Omen“. Das Schuhwerk ist extrem steif gestaltet und daher für den Hardenduro Einsatz bestens geeignet. Wer nur gelegentlich einen Feldweg befährt, wird damit nicht unbedingt glücklich werden. Steht jedoch ausgiebiger Geländeeinsatz z. B. mit einer GS auf dem Programm, hat der Abenteuerendurist eine hervorragende Wahl getroffen. Sollte sich mal ein Fuß unter einer nicht unbedingt leichtgewichtigen, liegenden Reiseenduro befinden, ist jeder Schutz Gold wert. Die Knöchel werden es danken. Ist man nicht regelmäßig mit einer Sportenduro unterwegs, wird eine gewisse Eingewöhnungszeit an solch steifes Schuhwerk notwendig. Sind die Stiefel aber richtig eingefahren, Schalt- und Bremshebel den geänderten Verhältnissen angepasst gibt’s kein Halten mehr. Die vier Aluminiumschnallen hinterlassen ebenfalls einen sehr wertigen Eindruck. Fazit Der Motorradanzug PaceGuard Adventure und die Endurostiefel GS Competition sind für den harten Einsatz gemacht. Der Anzug schafft dabei den Spagat zwischen Alltagstauglichkeit und Endurowandern blendend. Für den Weg zur Arbeit, wie für die ligurische Grenzkammstraße gleichermaßen geeignet. Die sehr guten Lüftungsmöglichkeiten halten die Schweißbildung bei hartem Körpereinsatz in Grenzen. Die gut verarbeiteten Stiefel fühlen sich im Gelände naturgemäß wohler als auf der Straße. Für die Feierabendrunde sind sie eher überdimensioniert. Dem Wesen diesem echten Enduroschuhwerks entsprechend wird auf eine wasserdichte Membran verzichtet. In Verbindung mit den langen Hosenbeinen des PaceGuard, die über den Stiefeln getragen werden, bleiben die Füße aber dennoch eine ganze Weile trocken. Bei Nutzung in schwerem Gelände können sie ihr Potential voll entfalten. Von mir gibt es eine klare Empfehlung für beide Kleidungsstücke.
Harald Kowatschewitsch
Die PaceGuard-Hose lässt sich auch über dem Stiefel tragen.